Interessant. Der Pfälzer (hier in Inkarnation des geschätzten Kollegens Wallbillich) kann und will nicht. Scheitern als Chance. Auch am Herd. Ein Schwabe wäre selbstverständlich von ganz alleine auf die Idee gekommen, dass der Gang zum Metzger für die Zubereitung eines veganen Saumagens wenig zielführend sein kann. Man geht ja auch nicht in den Blumenladen, wenn die Katze keuchhustet. Verrücktes Völkchen, diese Pfälzer. Im vergangenen Jahr habe ich in Schottland gelernt, dass man selbst das dortige Nationalgericht „Haggis“ (zarte Gemüter sollten besser nicht googlen) problemlos UND lecker vegan zubereiten kann. Kreativität ist gefragt. Kreativität ist aber offenbar kein Charakterzug, der den Pfälzer auszeichnet. Muss ja auch nicht, er hat andere Qualitäten: z.B. tollen Riesling produzieren und/oder schwäbisches Filderkraut reimportieren und als Gemüsebeilage neben seinen veganen Riesling stellen. Genug der Kollegenschelte, er kann ja nichts dafür. Nicht jeder hat das Glück, als Schwabe geboren zu werden.

„Nationalgerichte“ haben wir Schwaben einige: Maultaschen! Linsen, Spätzle & Saitenwürstle! Ofenschlupfer! Kässpätzle (Wer hat’s erfunden? Ja, liebe Allgäuer, wir waren’s!)! Gaisburger Marsch! Und das Schönste: spielend leicht lassen sich sich all diese Gerichte auch vegan auf den Tisch bringen. Eine kurze Google-Recherche bringt ans Licht, was zumindest dem Schwaben schon vorher klar war (siehe auch: beim Metzger ist man als Veganer an der falschen Adresse): Das Land der Tüftler spielt am Kochtopf seine Kernkompetenzen aus! Ich überlege kurz, Sinas Aufgabe überzuerfüllen und als Wahlstuttgarter die Stuttgarter Spezialität schlechthin, den „Gaisburger Marsch“,  zuzubereiten, entscheide mich dann aber für meine Leib- und Magenspeise aus Kindertagen: Kässpätzle! Rezepte sind schnell gefunden, das Ei in den Spätzle muss Sojamehl weichen, der Käse kann entweder durch kreativen (!) Einsatz von Cashew-Kernen ersetzt werden oder man hilft sich mit veganem Pizzakäse, den man heutzutage in jedem gut sortierten Biomarkt bekommen sollte. Die Cashew-Variante klingt spannend, ich will mich aber nicht überfordern und entscheide mich für ein Rezept mit Pizzakäse. Einer von drei Biomärkten im Stuttgarter Westen wird die tierfreie Käsespezialität sicher im Sortiment haben. Überraschung bei der ersten Station: das Sortiment im Kühlschrank ist übersichtlich, veganen Käse sucht man vergeblich. Nun gut, vermutlich ausverkauft, auf zum nächsten Versuch ein paar Schritte weiter. Aber auch hier: Biokäse ja, veganer Käse nein. Hm, irgendwas läuft hier falsch. Also setze ich mich ins Auto und steuere DAS Bio-Paradies im Westen an. Die Kühlschrank-Batterie ist beeindruckend, die Auswahl an veganen Spezialitäten groß, a…aber, es darf doch nicht wahr sein: auch hier weit und breit kein veganer Käse!

Ich bin gefrustet. Klar, man hätte nun einfach umschwenken können. Cashew-Kerne besorgen, die Herausforderung annehmen. Oder einfach den Gaisburger Marsch blasen? Man schon, ein Schwabe nicht! Im Lewe net, wie der Pfälzer sagt. Denn wenn wir eins sind, dann ist es: STUR!  Heidenei! Ich überlege kurz, dem Pfälzer und seinem traurigen Sauerkraut-Haufen den Sieg zu schenken, erinnere mich dann aber an die morgendlichen Einkäufe vom Markt. Frischer (badischer) Spargel, tolle Frühkartoffeln (vom Mittelmeer)! Alles veganer als vegan – leider nur bedingt schwäbisch. Aber gut, wer kennt es nicht, das heimliche Lieblingsgericht aller Schwaben? Richtig: Schbargl mit Grombiera! Ond dazua a Moschd! Schöner wird’s nicht.

Damit dieser Text auf den letzten Metern noch irgendeinen Sinn bekommt, hier nun ein wertvoller Tipp für alle Spargel-Liebhaber/innen: Spargel schmeckt noch besser, wenn man ihn nicht in Wasser kocht, sondern die leckeren Stangen in Alufolie in den Backofen packt. Einfach drei bis fünf Stangen in ein Päckchen legen, zerlaufene Butter (oder als vegane Alternative: Alsan Bio) drüber, Salz, Pfeffer und ganz wichtig: eine Prise Zucker dazu. 40 Minuten bei 200 Grad. Fertig. Träumchen! (Geheimtipp: wenn’s vegetarisch sein darf, raspelt man anschließend noch frischen Parmesan über die Spargel.)

Ach ja, eine Sache noch: als ich Andreas Wallbillich von meinen missglückten Biomarkt-Besuchen berichte, schüttelt der nur den Kopf. Klar, sagt er, vegan sei eben nicht immer bio – und bio nicht immer vegan. Im Supermarkt wäre ich sicher fündig geworden. Hätte man selbst draufkommen können. Wahrscheinlich sogar müssen. Man geht ja auch nicht zum Tierarzt, wenn man Blumen kaufen möchte. Cleveres Völkchen, diese Pfälzer.