Gerold und Katharina sind seit 27 Jahren ein privates und berufliches Erfolgsteam, das sich in jeder Hinsicht perfekt ergänzt und blind versteht. Beide verbindet die vegane Lebensweise als umfassend und nachhaltig gelebte Ethik, die Leidenschaft zum Sport und die Liebe zu Ihren Notfall-Hunden.
Gemeinsam leiten Sie die Firmen adventureV, den weltweit ersten Anbieter für veggie Sport-Events, Aktiv-Urlaub und Sport-Ferien sowie change2V, Anbieter für vegan-zertifiziertes Gastronomie- und Tourismustraining veggie-freundlicher Betriebe und Regionen. Wir sprachen mit den beiden über ihre einzigartigen Firmenkonzepte, worauf vegane Sportler achten müssen und was es mit der sogenannten NURMI-Study auf sich hat. Viel Spaß!

 

Häufig hört man, dass vegane Ernährung und Sport nicht zueinander passen. Dabei gibt es eine Vielzahl von Sportlern, die sich vegetarisch oder auch vegan ernähren. Auch bei den Olympischen Spielen gibt es Profi-Sportler, die komplett auf tierische Produkte verzichten. Katharina, du leitest eine Studie, die untersucht, wie die sportliche Leistungsfähigkeit mit verschiedenen Ernährungsformen zusammenhängt. Gibt es bereits erste Erkenntnisse?

Katharina: Umfragen und Studien bestätigen eine stark steigende Zahl von Vegetariern und Veganern weltweit. Damit steigt auch deutlich die Zahl der vegetarisch-veganen Sportler an. Mit dem Veggie-Boom ist das Thema nicht nur in die Mitte der Gesellschaft, sondern auch in die Mitte des sportlichen Bewusstseins gerückt. Exakt das wollen wir mit der NURMI-Study, Europas größter Laufstudie und das Follow-Up meiner 1. Pilotstudie bikeeXtreme (2004), erstmals untersuchen: Wie viele Mischköstler, Vegetarier und Veganer stehen am Start von Laufevents? War es bei bikeeXtreme noch schwierig, überhaupt vegetarische oder gar vegane Teilnehmer am Start zu haben, so war dies mit der NURMI-Study kein Problem mehr.

Anfang März 2016 traf sich das Forscherteam zum 3. NURMI-Meeting in Tirol, um den Publikationsprozess voll Elan für die kommenden Jahre zu starten. Und es liegen bereits erste Ergebnisse für Step 1 vor: 3.163 NURMI-Läufer mit vollständigem Datensatz (56,2 % Frauen, 43,8 % Männer), mit 88,1 % überwiegend aus den DACH-Ländern (2.788 Läufer; 375 Läufer oder 11,9 % aus restlichem Europa). Diese ersten Ergebnisse zeigen eine Häufigkeitsverteilung von omnivoren, vegetarischen und veganen Läufern von jeweils 45,3 %, 21 % und 33,7 % am Start von Laufevents. Bei den weiblichen Läufern waren 37,8 % Mischköstler, 24,2 % Vegetarier und 37,9 % Veganer, bei den Männern waren 55 % Mischköstler, 16,9 % Vegetarier und 28,1 % Veganer. Die veganen Läufer waren jünger und schlanker (ø 35,2 Jahre; BMI: ø 21,9 kg.m-2) als Vegetarier (ø 36,2 Jahre; BMI: ø 21,8 kg.m-2) und Mischköstler (ø 39,2 Jahre; BMI: ø 22.7 kg.m-2). Diese ersten Resultate konnte ich noch im 1. Halbjahr 2016 auf zwei internationalen Wissenschaftskongresse (VegMed in Berlin und ECSS in Wien) präsentieren. Und das ist erst der Anfang!

 

Gerold, du bist begeisterter Outdoor-Sportler und lebst seit sechs Jahren vegan. Gibt es etwas, das man als Veganer beim Ausdauersport beachten sollte?

Gerold: (Lacht!) Da ich ja die Spezialistin zu Hause habe (Katharina erforscht seit 2004 bisher als einzige Sportwissenschaftlerin weltweit dieses Thema), darf ich hier auf ihre wissenschaftliche Arbeit verweisen.

Katharina: Der bevorzugte Haupt-Brennstoff Kohlenhydrat wird meist stiefmütterlich bedacht. Speziell komplexe Kohlenhydrate (z. B. in Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Wurzelgemüse oder Bananen) garantieren einerseits durch ihre langsame Aufspaltung geringe Schwankungen bei gleichzeitig relativ stabilem Blutglucose-Spiegel, und versorgen den Körper andererseits über lange Zeiträume gleichmäßig mit Energie. Sportler sollten über den allgemein unterrepräsentierten Anteil an – vor allem komplexen – Kohlenhydraten im Nahrungsangebot beunruhigt sein und daher auch sehr darum bemüht sein, den natürlichen Bedarf zu decken und durch bewusste Aufnahme von Kohlenhydraten verstärkt anzuheben!

Für Sportler ist allerdings der Energiegewinn aus der Muskelkontraktion bei (anaerober und aerober) Belastung von besonderem Interesse. Kohlenhydrate liefern die größte Energiemenge und haben damit als Energielieferant bei Aktivität, Bewegung & Sport im Vergleich zu Protein und Fett die Nase vorn – ein weiteres Argument, warum gerade Kohlenhydrat der Haupt-Brennstoff ist. Kohlenhydrat ergibt durch seine schnelle Verfügbarbarkeit eine maximale Energieausbeute beim Sport.

Gut trainierte und leistungsorientierte Sportler zeigen aufgrund der teilweise stark erhöhten Stoffwechselrate von Nähr- und Vitalstoffen auch einen erhöhten Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen. Speziell Eisen (Sauerstofftransport) und Natrium werden in hohen Raten „verbraucht“. Dieser belastungsinduzierte Bedarf übersteigt den üblichen Tagesbedarf und ist daher über die täglichen Mahlzeiten schwieriger zu decken. Allerdings halte ich wenig von Selbstmedikation (Gefahr von Fehl-/Überdosierungen, resultiert in gesundheitlich-leistungslimitierenden Risiken). Man sollte beim (Sport-)Mediziner über sein individuelles Blutbild de facto den belastungsinduzierten Vitalstoffbedarf eruieren lassen, um gezielt ergänzen zu können. Die jeweiligen Werte können individuell sehr stark variieren und sind von vielen Faktoren abhängig, Training und Wettkampf sind dabei nur zwei Aspekte. Wichtig! Regelmäßig und spätestens alle 6 Monate zur Blutuntersuchung (Vitamin B12, Eisen, etc.).

Darüber hinaus sind Wettkampf und langes hartes Training nicht die Zeit um sich gesund zu essen. Sich zu diesem Zeitpunkt auf die Gesundheit zu fokussieren wäre viel zu spät. Vielmehr ist das die Zeit für Nachschub von großen Mengen an Energie, Kohlenhydrat und Flüssigkeit: Quantität (direkt im Wettkampf) zusammen mit Qualität (pre-/post-race) ist das Augenmerk für das schadlose „Überdrehen“ des Körpers als Hochleistungsmotor im roten Bereich. Diese Wettkampfsituation ist die Ausnahme und vom wirklich gesunden Körper gut tolerierbar. Daher muss der Fokus im Wettkampf kurzfristig und vorübergehend auf der Zufuhr von Energie und (schnell verfügbaren) Kohlenhydraten liegen. Der Leistungssportler deckt hier seinen belastungsinduziert erhöhten Bedarf durch Funktionsnahrung völlig ab. In solchen Situationen macht Nahrungsergänzung und Funktionsnahrung Sinn (aber nicht für Hobbysportler).
Die optimale Nährstoffverteilung aus Kohlenhydrat:Protein:Fett beträgt für das Ausdauer-Segment 8:1:1 bzw. als %-Verteilung 80:10:10 bzw. für das Kraft-Segment als %-Verteilung etwa 65:10-25:10

 

Mit adventureV habt ihr eine Philosophie geschaffen, die Bewegung, Outdoor und die vegane Lebensweise miteinander verbindet. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen und wieso liegt euch das am Herzen?

Gerold: Wie so oft kommen solche Ideen aus eigenen Bedürfnissen und Herzensangelegenheiten: Als Veggie ist es (leider auch heute noch!) auf Reisen – speziell im Alpenraum – nicht immer einfach, vegetarisch-vegan auf seine Kosten zu kommen. Wir haben das adventureV-Konzept über 15 Jahre immer wieder mit unseren neuen Ideen & Erfahrungen erweitert und adaptiert. Dabei hatten wir nichts anderes gemacht, als unsere Bedürfnisse und Wünsche, die wir bei unseren Urlauben oft als frustrierend und unerfüllt erfahren haben, für adventureV zusammenzufassen um sportlich-aktiven Veggies einen unbeschwerten Urlaubsgenuss zu bieten.

Unser komplettes adventureV-Angebotsportfolio ist ganz auf aktive Vegetarier und Veganer zugeschnitten, die ihren Sport leidenschaftlich betreiben und in ihrer Freizeit nicht länger mit der Diskussion über ihre pflanzliche Lebensweise konfrontiert werden wollen, und ebenso offene wie interessierte Sportler. Dabei sind die 3 Säulen der adventureV-Philosophie „Bewegung & Sport“, „Ernährung & Gesundheit“ sowie „Ethik, Nachhaltigkeit und Lebensphilosophie“ bei allen Events immer Kernelement von der Planung bis zur Durchführung.

Wie für die meisten Dinge im Leben muss der richtige Zeitpunkt und auch ein Markt für ein Produkt gegeben sein, deshalb haben wir uns 2013 entschlossen das adventureV-Konzept mit mehreren Events erstmals umzusetzen.

Als weltweit 1. Anbieter für veggie Sport-Events, Aktiv-Urlaub und Sport-Ferien richtet sich adventureV seither an aktive und sportliche Vegetarier, Veganer und solche, die es werden wollen. Damals noch mit einigen wenigen Radsport- und Wander-Events, sind daraus im Jahr 2016 mittlerweile 5 Sportarten mit über 13 Events im Angebotsportfolio entstanden: Hundewandern, Wandern und Schneeschuhwandern, E-Bike/Mountainbike/Rennrad, Yoga. Zusätzlich führen wir seit 2014 auch sehr erfolgreich Special Events (wie z. B. Geburtstagsfeier, Hochzeitstag, Jubiläum, Romantik-Wochenende, Heiratsantrag usw.) und Firmen-Events durch. Dabei freut es mich besonders, dass wir als kleines leistungsstarkes Unternehmen nicht nur von den Unternehmern der Veggie-Branche, sondern auch von großen (nicht veganen) Unternehmen als Spezialist für Personalentwicklung, Incentives, Team-Building, Firmenfeiern, Betriebs- oder Abteilungsausflügen gebucht werden.
Für die Zukunft haben wir noch so einiges vor, wir haben ja über 15 Jahre geplant und wer uns kennt weiß (lacht): So schnell gehen uns die Ideen nicht aus!

 

Eines der Angebote von adventureV sind vegane Aktiv-Reisen auch mit Hunden. Für alle, die noch nie etwas davon gehört haben: Was ist daran besonders?

Gerold: Unsere Angebote für Hundewandern richten sich speziell an passionierte Wanderer mit Hund/en, die gemeinsam mit Ihrem 4Beiner Natur pur erleben wollen. Ziel dabei ist es, Wander-Begeisterten und Ihren 4beinigen Lieblingen ein unvergessliches Wander-Erlebnis und Schlemmer-Wochenende zu bieten, das perfekt auf die Wünsche und Ansprüche von Veggies mit Hund abgestimmt ist!
Das Besondere beim adventureV-Hundewandern ist, dass auch Hundeliebhaber, die aus beruflichen oder privaten Gründen selbst keinen Hund halten können, herzlich willkommen sind. Unser Hundewander-Angebot bietet so auch wanderbegeisterten Hundefreunden ohne eigenen Hund die Möglichkeit, eine schöne und freudvolle Zeit mit 4Beinern zu verbringen.

 

Das change2V-Angebot umfasst einerseits individuelle vegan-zertifizierte Gastro- & Tourismustrainings und andererseits ein persönliches Coaching für eine gesunde Lebensweise (Ernährung und Sport stehen dabei im Mittelpunkt). Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Wie schwer ist es euch gefallen, auf vegane Ernährung umzusteigen und was waren die größten Herausforderungen?

Katharina: (Lacht!) Ja, ganz ohne Flunkern: Mir ist der Umstieg total leicht gefallen, von heute auf morgen, für mich war das einfach der logisch nächste Schritt (ich hab auch nicht den Kardinalsfehler gemacht: Umstellung ohne vorherig umfassende Info – das geht immer schief, garantiert!) – das war 1999! Das geniale daran ist, dass wir auf absolut nichts verzichten müssen für unseren Genuss (Wein, BBQ, Naschen uvm.), unser Wohlbefinden (Klamotten, Beauty, Pflege, Kosmetik) und Lebensglück (privat, Jobs, Sport). Meine Zukunft isst und bleibt vegan – no way back!

Gerold: Für mich war die Umstellung zu Hause durch Katharina´s Know-How sehr einfach. Vor 2010, also in der Zeit lange vor dem aktuellen Veggie-Boom, war ich beruflich sehr viel unterwegs, dies machte es für mich wesentlich schwieriger. Aufgrund der damals fehlenden bzw. schlechten Verfügbarkeit von veganen Möglichkeiten, musste ich leider immer wieder mal auf vegetarische Alternativen zurückgreifen. Durch meine berufliche Veränderung sowie dem Fakt, dass veggie inzwischen in die Mitte des gesellschaftlichen Bewusstseins gerückt ist, hat sich alles hin zum „easy going“ hin verändert.

 

Zum Schluss noch auf die Schnelle: Welche 3 Tipps habt ihr für sporttreibende Veganer oder solche, die es werden wollen?

Gerold:

  1. Man sollte die Umstellung als Abenteuer und Prozess sehen und sich genügend Zeit geben um vorher Know-How aufzubauen, also:
    – Unbedingt vorher viel lesen und sich umfassend informieren! Alle Fakten sammeln damit am Ende klar ist, warum gilt: Tierschutz ist gleich Menschenschutz. Das führt durch alle Themenbereiche von Umweltzerstörung & -Verschmutzung, Klimawandel, zur Ausbeutung von Menschen und Tieren, und Kinderarbeit, über Wasser- und Ressourcenverschwendung letztlich Gesundheit und Nachhaltigkeit, uvm.
    – Die Küche ist das größte Labor zum Experimentieren, daher Rezepte sammeln und vor allem ausprobieren im speziellen die Lieblingsspeise/n, bevorzugte und traditionelle Familiengerichte (der Mensch ist ein Gewohnheitstier) –  Veganzise your food und damit Deinen altbekannten Speiseplan, von Kuchen und Kekse, über Steak und Braten bis zu Knödeln und Spätzle: Geht nicht gibt’s nicht!
    – Was gibt es wo: Zutaten, die unglaubliche Produktvielfalt und vegane Bezugsquellen recherchieren (regional bzw. online)
  2.  Shopping-Time & vegane Testphase
    – Vor allem erstmal die kleinste Menge einkaufen und als Familie alles mal probieren und testen (auch vegane Geschmäcker sind verschieden), z.B. fürs BBQ (vegane Grillwurst und Steak), Pflanzenmilch, Hausmannskost, Naschen (Kekse, Muffins, Kuchen, Gummibärchen, usw.), Kosmetik (Zahnpasta, Rasiercreme, Bodylotion, Nagellack, usw.), Kleidung (Schuhe, Jacken, Pullies, uvm. z.B. von bleed)
  3. Umsteigen: Go vegan 4ever!
    – Endgültige Umstellung von Ernährung und besser noch Lebensweise auf vegan und den Jackpot knacken für die eigene Gesundheit, gutes Gewissen inklusive – ganz ohne Reue und Verzicht!

Besucht Gerold und Katharina während der veggie & frei von an Ihrem Stand D52 in Halle 9 und plant euch Zeit für Ihren spannenden Vortrag „Es geht um’s Ganze – Hauptgewinn Gesundheit, oder: Was kostet das Leben?“ ein. Sonntag, 20. November 2016 im Fachforum.