Stina Spiegelberg ist Autorin, bloggt auf www.veganpassion.de und bezeichnet sich selbst als Vegan-Künstlerin. Auf der veggie & frei von wird sie am 20. November auf der Seitz glutenfrei Bühne zu sehen sein, wo sie bei einer Kochshow eines ihrer leckeren veganen Rezepte präsentiert. Wir haben vorab schon mal mit ihr gesprochen und mit ihr über den veganen Lebensstil und ihre Lieblingsrezepte geplaudert:

veggie & frei von: Stina, Sie ernähren Sie sich seit 2008 vegan. Im Vergleich zu Berlin, der „Veggie-Hauptstadt“ Europas, setzt sich diese Lebensweise im Süden eher langsam durch. Welche Veränderungen haben Sie, als Veganerin, hier im Süden in den letzten Jahren beobachten können?

Stina: Berlin ist eine sehr junge und hippe Stadt, die viel ausprobiert und ein reiches Angebot bietet. Auch in Baden-Württemberg ist seit 2008 das Angebot an veganen Restaurants und pflanzlichen Zutaten im Supermarkt deutlich gestiegen. Besonders aber freue ich mich über eine Erweiterung des Bewusstseins der meisten Menschen. „Vegan“ ist kein Fremdwort mehr. So lässt sich auch beobachten, dass die süddeutschen Medien sich in Zeitungen und Fernsehen fortwährend zu dem Thema äußern. Ich bin regelmäßig in der SWR-Fernsehsendung „Kaffee oder Tee?“ zu sehen und überrasche das Publikum mit pflanzlichen Köstlichkeiten. Das Bewusstsein für eine gesunde und rücksichtsvolle Lebensweise wächst auch in Süddeutschland. Es mag vielleicht etwas schwieriger sein, die Schwaben an die pflanzliche Küche zu führen als einen Berliner, aber die Begeisterung ist dieselbe.

Die viel größere Diskrepanz sehe ich zwischen Großstädten und dem ländlichen Raum. Auf dem Land wird oft noch regionaler eingekauft, aber es besteht ein falscher Bezug zu Lebensmitteln aus dem Supermarkt. Viele besitzen selbst Hühner, und bauen teilweise im Schrebergarten an. Daher ist die Massentierhaltung hier nicht so sehr präsent. Die meisten Menschen denken die Eier aus dem Supermarkt werden auf gleiche Weise produziert wie die von Oma daheim. An dieser Stelle muss viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Schulungen in Gastronomiebetrieben und Workshops in Schulen (z.B. von mir) setzen genau da an und zeigen die Wirklichkeit mit einfachen Lösungsansätzen auf.

veggie & frei von: Der vegane Lebensstil geht weit über das Thema Ernährung hinaus. Für welchen Teilbereich (z.B. Kosmetik, Textilien) erhoffen Sie sich in den kommenden Jahren noch eine Vergrößerung des Angebots?

Stina: Der vegane Lebensstil bedeutet für mich Rücksicht – auf Mensch (fairer Handel), Tier (pflanzliche Lebensmittel und Konsumgüter) und Ökosystem Erde (Bio-Qualität).  Für mich spielen neben der rein pflanzlichen Herkunft meiner Verbrauchs- & Konsumgüter auch der faire Ursprung sowie die Nachhaltigkeit eine große Rolle.

Seit Beginn meines veganen Lebens habe ich diese Lebensweise mit Ästhetik präsentiert. Gesund und rücksichtsvoll kann gut und ansprechend aussehen. Für die Zukunft erhoffe ich mir einen Zuwachs an fair produzierten Lebensmitteln, sowie Kleidung in Bioqualität. Mode repräsentiert uns nach Außen und bildet maßgeblich den ersten Eindruck. Nur wenn diese fair und aus hochwertigen bzw. recycelten Materialien gefertigt wird, ist sie nachhaltig tragbar. Schluss mit Wegwerfmode. Mit Bedacht einkaufen ist die Zukunft.

veggie & frei von: Wie man Ihrem Portfolio entnehmen kann, sind Sie besonders für das Thema vegan Backen zu begeistern und zaubern viele tolle Torten, Cupcakes, etc. Mit welchen Schwierigkeiten hatten Sie bei Ihren ersten veganen Backversuchen zu kämpfen? Und wie haben Sie diese gelöst?

Stina: Tatsächlich wird mir diese Frage häufiger gestellt. Dabei ist es nicht schwer ohne Tierprodukte zu backen. Je kleiner ein Kuchen (Muffin), umso eher kann man Eier beispielsweise einfach weglassen und das Gluten (Weizeneinweiß) aus dem Mehl als Bindemittel nutzen. Für kunstvolle Torten und raffinierte Teige habe ich mich Stück für Stück heran getastet. Eine neue Ernährungsweise mit zu gestalten bedeutet vieles auszuprobieren. Als Schwierigkeiten habe ich diese Herausforderungen nie angesehen. Es macht großen Spaß Neues zu „erfinden“ und anschließend das wohlige „Hmmm“ des Verkosters zu hören.

Manche Produkte, wie beispielsweise vegane aufschlagbare Sahne oder Quark, gab es nicht zu Beginn meiner Veganzeit. Ich habe mir dadurch geholfen, einige Produkte einfach selbst herzustellen. Inzwischen gibt es beinahe alles, was das Back- und Kochherz begehrt, auch in guter Qualität.

veggie & frei von: Sie halten auch in Schulen Vorträge zum Thema vegane Ernährung. Wie führen Sie die jungen Menschen an das Thema „vegan“ heran? Und welches Feedback erhalten Sie darauf?

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Stina: Schüler und Studenten sind äußerst begeisterungsfähig. Daher macht es große Freude mit Ihnen zu arbeiten. Eine Meinung haben sie sich meist über ihr Elternhaus oder „was sie gehört haben“ gebildet. In  interaktiven Workshops erarbeiten wir gesunde und vegane Ernährung. Je nach Altersklasse ist das Ganze spielerisch oder als Vortrag aufgezogen. In jedem Fall wird aber gemeinsam gekocht, gebacken oder dekoriert. Der Schlüssel ist das Selbermachen und Probieren. Indem die Schüler selbst pflanzliche Leckereien zubereiten und genießen, wird ein ganz neuer und positiver Bezug zu gesunder Ernährung geschaffen. Erzählen kann man viel, aber wem es schmeckt, der ist schon überzeugt.

veggie & frei von: Woher holen Sie sich Ihre Inspirationen für neue Rezepte?

Stina: Oh, die kommt beim Schlafen. Ich erlebe mein Leben so sehr mit Genuss, dass mir wirklich mitten in der Nacht Ideen einfallen. Wo ich gehe und stehe rieche und schmecke ich, erlebe Farben, Muster und Texturen. Damit inspiriert mich beinahe alles. Sehr kreativ wird es auf Reisen. Aber ich komme jedes einzelne Mal voller Glück mit etwas Neuem aus dem Bioladen. Das kann ein neues Gewürz oder ein Pilz sein, ein Kraut oder eine Nudelform. Wer ständig Neues kreieren möchte findet in allem eine Idee.

veggie & frei von: Gibt es Ihrer Meinung nach eine Zutat, die „underrated“ ist und in weitaus mehr Rezepten eingesetzt werden solle?

Stina: Die Hirse ist ein absoluter Alleskönner. Ich verwende sie für süße und herzhafte Speisen, Salate und Kuchen. Sie ist regional, sehr bekömmlich und dabei reich an Mineralstoffen und Spurenelementen. Mit Hirse lässt sich arbeiten.

veggie & frei von: Auch wenn die Frage vermutlich schwierig zu beantworten ist, aber was ist Ihr persönliches Lieblings-Back-Rezept?

Stina: Alle. Alle die es in meine vier Bücher geschafft haben. Mit einem einzigen Gericht käme ich wahrscheinlich für den Rest meines Lebens nicht hin, aber mit meinem lauwarmen Rote Linsen Salat und den Vollkorn-Apfel-Pancakes wäre das Leben vergnüglich.